Versunkene Turm Reschensee

Wer Urlaub in Südtirol macht sollte auf jeden Fall den Vinschgau besuchen. Vinschgau ist nach Pustertal der zweitgrößte Bezirk Südtirols und bekannt durch seine „Vinschger Marillen“, die Erdbeeren aus dem Martelltal oder den weltbekannten Laaser Marmor. Neben Gaumenfreuden, die Sie in den Gaststätten erwartet, hat der Vinschgau auch kulturell und geschichtlich einiges zu bieten. Einer der wohl geschichtsträchtigsten Orte ist der Reschensee mit dem bekanntesten Wahrzeichen des Vinschgaus: faszinierend und traurig zugleich. Aus dem 6 km langen Reschensee ragt ein einsamer Kirchturm empor. Viele der Südtirol Gäste kennen dieses Fotomotiv und machen sich daher im Urlaub auf in den Vinschgau, dem westlichen Landesende. Aber nur die wenigsten können sich wirklich vorstellen, was es für die Bewohner von Graun bedeutete, als ihr Dorf regelrecht in den Fluten unterging.

Wann der Reschensee entstand

Kurrz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde vom Großkonzern „Montecatini“ ein Projekt eingereicht, welches vorsah, den Reschen- und Graunersee für die Stromgewinnung rund 22 Meter hoch zu stauen. Durch den ausgebrochenen Krieg verzögerte sich dies und die Bewohner hofften, dieses unglaubliche Vorhaben wäre vergessen worden. Nur zwei Jahre nach Kriegsende wurde das Projekt wieder aufgenommen und die Arbeiten sollten sofort begonnen werden. Trotz der vielen Protestaktionen und Interventionen beim Papst in Rom und bei der italienischen Regierung konnte der Alptraum nicht aufgehalten werden. Bereits im Sommer 1950 war es soweit und die 150 Familien des Dorfes Graun wurden aus ihren Häusern vertrieben: die Schleusen der errichteten Staumauer wurden geschlossen, der See gestaut und somit rund 677 Hektar Grund und Boden überflutet. Einzig und allein der alte Kirchturm blieb als Zeichen für das untergegangene Dorf stehen. Als Entschädigung wurde den Familien lediglich einfache Unterkünfte am Ausgang des Tales geboten, in welchen sie dann untergebracht wurden. Weil viele der Familien ihrer Existenz beraubt wurden und keine Zukunft mehr in Südtirol sahen, verließen sie das Land und wanderten aus. Ein ganzes Dorf, Nachbarschaften und viele langjährige Freundschaften verloren sich auf diese Weise und der daraus entstandene Schmerz dauert teilweise immer noch an.

Heute steht der Turm im Reschensee unter Denkmalschutz und ist als Wahrzeichen des Vinschgaus weit über die Südtiroler Landesgrenzen hinaus bekannt sowie ein beliebtes Ausflugsziel für die Südtiroler Gäste. Um mehr über die Geschichte des kleinen Dorfes und seines Untergangs vor Ort zu erfahren, statten Sie doch dem Museum Alt Graun einen Besuch ab. In einer umfangreichen Fotodokumentation wird über den Untergang und den Wiederaufbau der Dörfer Graun und Reschen informiert. Außerdem können Sie sowohl sakrale als auch historische Gegenstände des Bauernalltages im einstigen Dorf besichtigen.Der auf einer Meereshöhe von 1.498 m ü.d.M. gelegene Reschensee ist zum Schwimmen zu kalt, jedoch ein Paradies für sportliebende Einheimische und Touristen. Dank der optimalen Windverhältnisse kann man im Sommer vom sicheren Ufer aus unzählige Kitesurfer beobachten. Auch im Winter herrscht hier reges Treiben: der Ort ist ein Geheimtipp für Eissegler und Eissurfer.

Außerdem empfiehlt sich eine Wanderung auf der 15 km langen Promenade rund um den blauen Reschensee. Sie können von jeder Ortschaft am See starten oder aber nur die Hälfte zu Fuß bewältigen und den Rest mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Zudem ist der asphaltierte Weg auch bequem mit dem Kinderwagen begehbar. Die gesamte Gehzeit beträgt in etwa 3,5 – 4 Stunden und ist mit einem Höhenunterschied von lediglich 180 m auch als gemütliche Familienwanderung im Vinschgau empfehlenswert. 


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